Geschichte
der Steinhuder Windmühle |
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Die erste Windmühle in der Region wird um 1560 in Sachsenhagen erwähnt. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts gab es im Amte Hagenburg nur die Altenhäger Windmühle. | |
1662 erließ Graf Philip eine Verordnung, danach bestand Mahlzwang für die herrschaftlichen Mühlen. Die anderen Mühlen, “Klippmühlen“ genannt, durften von nun an nur noch für den Eigentümer einer Mühle und dessen nächste Nachbarn mahlen. | |
1668 richtete der Rat des Fleckens Steinhude eine Eingabe an den Landesherrn. Sie wünschten eine eigene Mühle. Am 24. August 1670 bekamen sie dieses Privileg. Außer den Stadthäger Bürgern wurde nur den Steinhudern dieses Recht erteilt. |
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186 Einwohner schlossen
sich zusammen und errichteten auf dem „Kaninchenberg“ eine Bockwindmühle
mit einem Roggenmahlgang.
Es
wurde überliefert, dass der Müller den Mühlenbaum in der Osterwoche mit
Pferd und Wagen über das zugefrorene Meer nach Steinhude brachte. Der
eichene Stamm musste etwa 90 cm im Durchmesser und etwa 10 m lang sein. 1691
machten die Steinhuder dem regierenden Grafen ein sensationelles Angebot.
Sie boten ihm 1000 Taler für die Ablösung der jährlichen Steuer von 18
Talern. Der Graf nahm das Angebot an, die Mühle wurde der Aufsicht des
Amtes Hagenburg
entzogen.
Ferner lösten sie auch gleich mit den 1000 Talern ihre Frondienste beim
Amt Hagenburg ab. |
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Wenn im Sommer kein Wind wehte, waren die Steinhuder auf die Wassermühlen in Wunstorf oder Bokeloh angewiesen. Fehlte auch noch das Regenwasser in den Bächen, dann war die Not groß. War man beim Wassermüller nicht gut angeschrieben, konnte der Kunde mit einigen Übernachtungen rechnen. Es wurde erzählt, dass ein Steinhuder vier Tage auf seinen Kornsäcken in der Mühle in Bokeloh auf sein Mehl warten musste. | |
1834
beantragten die Steinhuder bei der Regierung die Anlegung eines zweiten
Mahlganges für die Weizenvermahlung. Der Antrag wurde zugunsten anderer Mühlenbetriebe
in der Umgebung abgelehnt. |
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1911 zerstörte ein
Blitzschlag die Steinhuder Bockwindmühle. 160 Einwohner gründeten
daraufhin ein Mühlenkonsortium und kauften 1912 einen 3-stöckigen
Erdholländer aus Broitzem im Braunschweigischen (Baujahr 1863, Umbau ca.
1880). Die Umsetzung der Mühle nach Steinhude erfolgte durch die
Nienburger Mühlenbaufirma Huischen. Hier wurde sie durch den Einbau
zweier neuer Mehlsichtmaschinen und eines Diesel- sowie
Elektro-Hilfsmotors modernisiert. 1935 bekam Paula ein neues Flügelkreuz.
1945 wurde die durch die Kriegswirren stilliegende Mühle teilweise geplündert.
1946 ging die benachbarte Holländermühle in Großenheidorn in Flammen
auf, auch die Steinhuder Mühle hatten Herumtreibende versucht
anzustecken. 1947/48 konnte die Mühle durch die
Firma Huischen wieder aufgebaut werden, wobei sich der dort angestellte Müller
und Mühlenbauer Hubert Pare besonders verdient machte. |
![]() Der neue Erdholländer (Foto: Edeltraud Beyer) |
Durch den Einbau eines Flügelpaares der Conradi-Mühle aus Sachsenhagen, den Einbau eines Getreidesilos, einer Saatgutreinigung mit Beizanlage und kleineren Teilen der abgebrannten Großenheidorner Mühle wurde die Steinhuder Windmühle wieder flott gemacht. 1962 verlor die Mühle bei dem berüchtigten Februarorkan, der auch für die Flutkatastrophe in Hamburg verantwortlich war, drei Flügel. Durch Umschlagen des unwuchtigen Flügelkreuzes sprang die Flügelwelle aus dem Vorderlager und zerstörte das Kappendach. Das auf der Welle befestigte gusseiserne Kammrad zerbrach. Da es inzwischen die Dampfmühle Lange in Steinhude sowie Langhorst und Pinkenburg in Wunstorf gab, war das Interesse der Anteilseigner gering, die Reparaturen zu finanzieren. Das Konsortium wurde aufgelöst, seine Mitglieder verzichteten auf Anteile und Rechte. Daraufhin wurde der “Verein zur Erhaltung der Steinhuder Windmühle e.V.” gegründet. Die Maschinenfabrik Weymann aus Osnabrück goss ein neues Kammrad. Im Februar 1963 wurde der Neubau der Kappe und der Jalousieflügel durch die Firma Huischen beschlossen. Einzelne Teile wurden aus anderen Mühlen (u. a. Mandelsloh) übernommen.
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![]() (Foto: Wolfgang Schulze) |
Ab 1948 wirkte Hubert
Pare als Müller in der Steinhuder Windmühle. “Paula”, so wurde die Mühle
inzwischen genannt, blieb ein betagtes Frauenzimmer und anfällig gegen
vielerlei Widrigkeiten. Obwohl Wind lebenswichtig ist, nimmt sie Böen
oder Sturm manchmal auch übel und reagiert mit Verstimmung. Ende der
Siebziger sorgten sich die rund 90 Mitglieder des Vereins zur Erhaltung
der Steinhuder Windmühle mit ihrem Vorsitzenden Heinrich Kuckuck erneut
um ihre Mühle.
Reparaturen am Windrad, am Zahnkranz in der Kappe der Mühle waren gerade abgeschlossen und mit Mühe bezahlt, da versagte bei einem Sturm die Bremse, Kämme an der Flügelwelle gingen entzwei, und die Mühle drehte sich und konnte nur mit Mühe zum Stillstand gebracht werden. Wieder waren Reparaturen fällig. 1979 gibt Hubert Pare den Betrieb der letzten noch voll gewerblich produzierenden Windmühle der Region Hannover/Schaumburg aus gesundheitlichen Gründen auf. |
![]() „Paula“ mit dem Wohnhaus d. Müllers Pare und Getreidestiegen (Fotomontage: Büsselberg) |
Danach betrieb Manfred Behme, damals Mitarbeiter der Stadt Wunstorf und gelernter Müller, die Steinhuder Windmühle bis 1998 als museales Schauobjekt und stellte mit einer elektrischen Schrotmühle gelegentlich Schrot für Kleintierzüchter und für die Schwarzbrotbäckerei her. Der Windantrieb der Mühle ruhte. 1992 riss ein Orkan erneut einen Flügel ab und rückte die Kappe aus der Drehbahn. Bei zwei weiteren Flügeln zeigten sich Alterungsschäden. 1993/94 erhielt “Paula” mit finanzieller Hilfe des Landes, der Sparkassenstiftung, sowie dem Landkreis, der Klosterkammer Hannover und der Stadt neue Flügel und ein größtenteils neues Mühlenkappendach von der Mühlenbaufirma Pätzmann aus Winsen. In der Folge werden Renovierungsarbeiten an Maschinen, Holzteilen und Fußböden durchgeführt. 1998 übernahm der Müllerei- und Mühlenbautechniker Windmüller Rüdiger Hagen, der seit 1991 Müller Behme geholfen hatte, die ehrenamtliche Betreuung „Paulas“. Mit ihm begann die Restaurierung der technischen Einrichtung. Reparaturarbeiten an Windantrieb und Bremsanlage erfolgten durch den Mühlenrestaurator Wilhelm Reinhardt, Bruchhausen-Vilsen. |
![]() Manfred Behme beim Schärfen eines Läufersteins |
Im
Frühjahr des Jahres 2000 konnte Rüdiger Hagen auf den von ihm instand
gesetzten und restaurierten Maschinen erstmals wieder einen Posten
Weizenmehl mahlen. Die Flügel machten in den Jahren 1999 und 2000 etwa
300.000 Umdrehungen. Die Mühle lief jedoch nicht mehr „rund“, die
Windrose drehte die Mühlenkappe nicht mehr in den Wind. Untersuchungen
ergaben Risse im Fundament und in einigen Balken, die Mühle hatte sich
etwas geneigt. Dieser Zustand führte 2001 zur Stilllegung. 2003 erlitt
„Paula“ auch noch Sturmschäden.
Nach
langen Verhandlungen konnte im Frühjahr 2004 mit der Sanierung des Mühlengebäudes
begonnen werden, die im Mai 2005 abgeschlossen werden konnten. Zur
Restaurierung des Innenbereiches werden jedoch noch manche Anstrengungen nötig
sein, um die Mühle auch im „Mahlbetrieb“ wieder ganz herzustellen und
ein Nutzungskonzept umzusetzen. |
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Von
den ehemals acht Windmühlen rund um das Steinhuder Meer, die noch zu
Beginn unseres Jahrhunderts in Steinhude, Großenheidorn, Altenhagen,
Winzlar, Mardorf, Schneeren und zwei in Bergkirchen in Betrieb waren, ist
die Steinhuder Mühle die einzige, die noch vollständig mit ihrer
technischen Einrichtung erhalten blieb und mit Windkraft mahlen kann. Nach
den Mühlen richteten sich früher Fischer und Segler. Der Stand ihrer Flügel
nämlich zeigte den Bootsführern die Windrichtung an.
Zur
Restaurierung des Innenbereiches werden noch manche Anstrengungen nötig
sein, um die Mühle auch im „Mahlbetrieb“
und als Mühlentechnikmuseum wieder ganz herzustellen und ein
Nutzungskonzept umzusetzen.
Artikel vom 16.08.2013 - Paula wird 150 Jahre alt Quelle Leine-Zeitung/NP Auszüge
aus: Steinhude ...bevor die Fremden kamen, Sammlung historischer und
aktueller Texte und Fotos von R. Diersche, Steinhude, ISBN 3-89570-533-0; Geschichte
der jetzigen Steinhuder Windmühle und Chronik der Windmühle „Paula“
von Rüdiger Hagen, Wedemark |